Bauwesen

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Immer wieder trifft man auf das Phänomen verkratzter Einscheibensicherheitsgläser (ESG). Keiner kann sich so richtig erklären, wie diese Kratzer zustande kommen.

 

Foto: iStock-910584832

Vorwort

Verkratzte Scheiben auf Baustellen sind keine Seltenheit. Oftmals stellt sich heraus, dass es sich dabei um ESG-Scheiben handelt. Befinden sich auf derselben Baustelle „normale“ Scheiben, sogenanntes Floatglas, wird das Phänomen seltener beobachtet. Woran liegt das? Ist Einscheibensicherheitsglas (ESG) wirklich „weicher“ als Floatglas? In der Öffentlichkeit zumindest kursiert diese Meinung. Und das hat Folgen: So schrecken manche professionelle Reinigungsunternehmen durch Aussagen wie diese zurück und lehnen zum Teil Aufträge ab, bei denen es um die Reinigung von Einscheibensicherheitsgläsern (ESG) geht. Sie haben
Angst, ESG-Glas zu verkratzen und für Schäden zur Verantwortung gezogen zu werden.

Oberflächenhärte

Bei der Herstellung eines Einscheibensicherheitsglases (ESG) wird eine Floatglasscheibe erhitzt und anschließend sehr rasch abgekühlt. Durch dieses Verfahren entstehen im Prozess der Herstellung unter-schiedliche Temperaturen im Glas. Die Oberfläche des Glases erkaltet durch das rasche Abkühlen schneller als die Mitte der Scheibe (Kernzone). Hierdurch entstehen an der Glasoberfläche Druckspannungen und in
der Kernzone Zugspannungen. Untersuchungen zeigen, dass das Glas seine molekulare Struktur behält
und sich auch seine chemische Zusammensetzung durch diesen Prozess nicht verändert.

Anhand dieser Untersuchungen lässt sich aufzeigen, dass sich auch die Härte der Glasscheibe im Gegensatz zur Härte einer Floatglasscheibe nicht verändert.

Das wiederum erklärt, dass die Kratzempfindlichkeit eines Einscheibensicherheitsglases identisch mit der einer Floatglasscheibe ist.

 

 

 

 

Erläuterung

Bei der Reinigung von Glasoberflächen kann es durch Staub- und Schmutzpartikel in der Luft und im Reinigungswasser, aber auch durch Werkzeuge wie z. B. Glashobel oder Glasschaber zu Kratzern in der Glasoberfläche kommen. Diese können in ihrer Intensität stark variieren. Bei Kratzern in der Glasoberfläche entstehen - ähnlich wie beim Anritzen eines Glases durch einen Glasschneider - Risse. Die Glasoberfläche wird „geschädigt“. In der Regel entstehen durch das Anritzen mittels Glasschneider (in kleinerer Form durch Staub- und Schmutzpartikel) 3 Rissarten: Tiefenrisse, Lateralrisse und Radialrisse. Tiefenrisse verlaufen senkrecht zur Glasoberfläche. Je ausgeprägter die Tiefenrisse, desto einfacher lässt sich das Glas brechen. Beim Schneiden des Glases ist dies eine erzeugte Absicht. Viel wichtiger für das Phänomen der Kratzempfindlichkeit sind jedoch die Lateralrisse, die parallel zur Anriss- /Kratzspur dicht unterhalb der Glasoberfläche verlaufen. Diese Lateralrisse bewirken eine optische Verbreiterung des Risses oder Kratzers. Die hohen Druckspannungen nahe der Glasoberfläche, welche bei der Herstellung von Einscheibensicher-heitsglas (ESG) entstehen, lassen vermuten, dass Katzer/Risse - im Besonderen die Lateralrisse - breiter werden. Durch Druckspannungen kann es sogar zu Abplatzungen im Bereich des Risses/Kratzers kommen.

 

In einem Video (https://youtu.be/1QoXaQ1qg_o) wurden in ein Einscheibensicherheitsglas Kratzer eingearbeitet. Anschließend wurden für die Dauer von 24 Stunden Fotos im 60 Sekunden-Takt aufgenommen, die zu einem Video zusammengeschnitten wurden. In diesem Video ist deutlich zu sehen, wie sich bereits nach kurzer Zeit Abplatzungen im Rissbereich bilden. (Die Rissfarbe verdunkelt sich, die Anzahl der kleinen weißen Flecken (Abplatzungen) auf der Oberfläche nimmt zu).
Auf „normalem“ Glas (Floatglas) können Kratzer genauso leicht oder genauso schwer entstehen wie auf einer Einscheibensicherheitsglasscheibe. Durch die Druckspannungen im Einscheibensicherheitsglas können die beschriebenen Lateralrisse und Abplatzungen den Riss/Kratzer jedoch um das 15- bis 30-fache verbreitern, was ihn auch ohne optische Hilfsmittel deutlich sichtbar macht.

 

Zusammenfassung

„Normales“ Glas (Floatglas) und Einscheibensicherheitsglas sind hinsichtlich ihrer Oberflächenhärte gleich empfindlich für Verkratzungen. Während Kratzer oder Risse im Floatglas für das menschliche Auge kaum sichtbar sind und es länger dauern kann bis diese sichtbar werden, können sich Kratzer oder Risse bei Einscheibensicherheitsglas aufgrund der Druckspannungen in der Glasoberfläche auf das 15- bis 30-fache vergrößern, wodurch sie für das menschliche Auge auch ohne Hilfsmittel sichtbar werden. Dieser Prozess kann, wie das Video zeigt, schon nach kurzer Zeit beginnen und über mehrere Stunden andauern.

 

Empfehlung

Die Empfehlungen der Glashersteller zur Reinigung von Glasoberflächen sollten zwingend beachtet und entsprechend umgesetzt werden. Informieren Sie bitte das Reinigungsunternehmen sowie die Bauherrschaft bei Übergabe des Objekts über den/die in Ihrem Gebäude verbauten Glastyp/en und händigen Sie die entsprechenden Reinigungsempfehlungen der Glashersteller aus.

 

Hinweis

Diese Mitteilung erfolgt nach bestem Wissen und Gewissen. Eine Gewährleistung in jeglicher Form wird jedoch ausgeschlossen.  

 

Quelle: Uniglas GmbH & Co. KG